Vom Tier zum Mensch mit Faktor XY
Wie gelangen wir nun vom NOAEL, also jener Menge, die im Tierversuch noch keinen Effekt zeigt, zu jener Menge, die wir für einen Menschen als akzeptabel bzw. sicher ansehen?
Zum einen wird diese Menge auf das Körpergewicht eines Menschen hochgerechnet. In diesem Schritt vervielfacht sich die Menge natürlich (beispielsweise von einer 30 Gramm schweren Maus zu einem 60 kg schweren Erwachsenen um das 2000fache). Gleichzeitig wird durch so genannte „Unsicherheitsfaktoren“ diese Menge wieder nach unten korrigiert. Unsicherheitsfaktoren berücksichtigen zumeist die Möglichkeit, dass der Mensch auf den betreffenden Stoff empfindlicher reagiert als das Versuchstier (Faktor 10) und dass manche Menschen eine deutlich höhere Empfindlichkeit aufweisen als der Durchschnitt der Bevölkerung (Faktor 10).
Am Beispiel Iprodion: Der NOAEL für die Krebs erregende Wirkung am männlichen Fortpflanzungsapparat ist 6,1 mg pro kg Körpergewicht und Tag. Dieser Wert war — wie schon erwähnt — für die EU gleichermaßen wie für die US-amerikanische Behörde Grundlage für die Festlegung eines ADI-Wertes für den Menschen. Während aber die EU-Behörde lediglich die Unsicherheitsfaktoren 10x10 an wendete, um zum ADI-Wert zu gelangen, schlug die US-amerikanische Behörde noch einen weiteren Faktor 3 drauf, um der besonderen Empfindlichkeit von Kindern Rechnung zu tragen. Der ADI der EU beträgt daher 0,06 mg/kg/d, während der entsprechende Wert in den USA bei 0,02 mg/kg/d liegt und um das Dreifache strenger ist.
Ein weiterer Unterschied: Der entwicklungsschädigende Effekt von Iprodion auf Rattenembryos war für die US-Behörde Anlass zur Festlegung einer Akuten Referenz-Dosis. Die ARfD beträgt 0,067 mg/kg. Im Gegensatz dazu hat die EU im Rahmen ihrer Wirkstoffprüfung bei Iprodion die Festlegung einer ARfD als nicht notwendig eingestuft.